Drei Acts bespielen den brandneuen 674FM Konzertraum ein. Eine würdige und facettenreiche zweite Premiere – auf und tatsächlich auch vor der Bühne.

On the ground: Bei Rumpeln entfalten sich aus einzelnen disparaten Noisepartikeln im Verlauf eigenwillige rhythmische Strukturen, die auf faszinierende Weise mit den an die Wand geworfenen Visuals korrespondieren. Dazu Vocals, vorgetragen in Grindcoremanier, ergänzt durch wilde Sprünge von Anton über Tisch und Bänke, die erstaunlicherweise diesmal ohne Knochenbrüche vonstatten gingen. Der erste Set im Konzertsaal, der dafür sorgte, dass auch der letzte Staubpartikel im Raum weggeblasen wurde.

Auf Augenhöhe mit dem Publikum: Soweit bekannt, existieren keine scharfen Fotos von dem Auftritt von Teresa Riemann. Kein Wunder, da sie mit ihren auf dem Schlagwerk erzeugten Beats per Minutes jeden Gabber Hardcore Techno locker auf der Überholspur zuwinkt. Ein hochenergetischer Schlagzeugset mit eruptiv herausgeschleuderten Vocals – alles bis zur kompletten Verausgabung. Bewirkte Katharsis und gewünschter Kontrollverlust bei Publikum und Teresa.

Finally on stage: Zum ersten Track bestiegen 120 DEN die Bühne des Konzertraums in Kostümen, die von der Surrealistin Sheila Legge inspiriert sind. Sheila Legge trug dieses Kostüm 1936 bei ihrer Performance ‘Surrealist Phantom of Sex Appeal’ innerhalb der Ausstellung ‘International Surrealist Exhibition’ in London. 120 DEN bewiesen, dass mit Damenbeinen – im Gegensatz zur phallisch dominierten E-Gitarre – alles möglich ist, ob ausufernder Klangteppich, Death Metal, Minimal Wave, Ambient, Anlehnungen an musique concrete oder kunstvoll verfremdetes Volksliedergut. Ein schöner Gegensatz von konzeptionellem Ernst und ansteckender Heiterkeit. Das Publikum rieb sich die Augen und die Ohren. Man war sich einig, so etwas noch nie gehört und gesehen zu haben, es vorher nicht vermisst zu haben – es nun aber bis zum nächsten 120 DEN-Konzert schmerzlich vermissen wird.