Eine lange, wechselhafte Geschichte hat Martin Steuer als DJ hinter sich. Alles begann 1988 – er war gerade 18 geworden – im Rose Club, Kölns erstem legendären Indie-Live-Club, der damals schon an der Luxemburger Straße residierte. Vor und nach den Bands legte er „Independent“-Musik auf, was sich damals nicht auf Brit-Rock oder -Pop beschränkte. In Martins Kopf waren die Grenzen seit jeher eingerissen und zwischen brachialem Noise und zuckersüßen Melodien, zwischen Beats und Pop drehte sich alles auf den Rädern aus Stahl, was gute, stilsichere Musik ausmachte.
Wenig verwunderlich, dass er sich in den wilden musikalischen Zeiten danach gerne immer wieder mal neu orientierte. Im Ehrenfelder Underground folgte auf die erste, von ihm initiierte „Indie Explosion“ ein Abend zwischen Madchester Rave und HipHop, eine Liebe, die ihn schnell auch zu Jungle (auf KHD- und Farina-Partys zusammen mit Thorsten Lütz alias Strobocop), dann zu den geraden Beats in der weiten Welt zwischen House und Techno brachte. Diese Liebe gipfelte Mitte der Neunziger Jahre in einer regelmäßigen Clubnacht im altehrwürdigen 42 d.p. (heute „Cent Club“). 1997 beendete er zunächst sein DJ-Dasein. Die Schranken in den Köpfen der Tänzer erschienen ihm immer wieder zu massiv.
Erst sechs Jahre später gab es 2003 eine Rückkehr zu den Platten- und CD-Spielern, dann allerdings wieder im Bereich des aufblühenden Indie-Segments. Dort war es mehr denn je möglich, Gitarren und gerade Beats zu kreuzen und die Zeit der erfolgreichen Popfiction-Party im Blue Note (einst „Zap Zarap“) sollte die freigeistigste seiner DJ-Karriere werden. Gitarrengeschrammel und Discobeats waren nicht nur dank solcher Labels wie DFA eine neue Liaison eingegangen, die sich auch bestens an den Decks verwirklichen ließ. Gastauftritte an seiner alten Wirkungsstätte Rose Club sowie diverse schwul-lesbische Partreihen („Popkorn“, „3Klang“, „Polygame“) rundeten seine DJ-Stationen in den Nuller Jahren ab.
Mit 40 Jahren zog sich Martin Steuer aus den Clubs weitgehend zurück, wurde Vater. Die Reihe „Popfiction“ erlebt zwei Mal jährlich im Tsunami eine Renaissance, ein neuer Resident-Job existiert mit der schwul-lesbischen Reihe „Sparks“ im Subway. Und nun endlich die langjährig gewünschte Radioshow auf 674.FM: Es wird immer weiter gehen, Musik als Träger von Ideen.