Am Sonntag, 11.12., 18-20 Uhr, werde ich in „Broadcast“ erstmals neue Musik in Form einer kompletten Live-Darbietung vorstellen: Das Julius Eastman Ensemble der in Köln lebenden und arbeitenden Orchesterchefin Jorik Bergman gastierte im September im Londoner Café Oto, der 55-minütige Konzert-Mitschnitt vom Stück „Femenine“ erhält seine – hier die Fanfaren bitte einblenden – Weltpremiere im Rundfunk. Ich habe Jorik Bergmann zu ihrer Arbeit an der Musik des viele Jahre vergessenen afro-amerikanischen Komponisten Julius Eastman befragt und versuche dessen Musik und Wirken einzuordnen.
Eastman betrieb mit seiner Kunst immer auch Identitätspolitik, er stellte sein Schwarzsein und sein Homosexuellsein bisweilen ins Zentrum seiner Performances, und das in einer Zeit, in der eine solche Offenlegung voller Hürden und Stolpersteine war. Eastman galt als Enfant terrible in der Minimal-Music-Blase von New York und Buffalo Anfang der 1970er, er überschritt zur selben Zeit Grenzen mit seiner Musik, brachte Klangfarben und Motive von Free Jazz, Pop und Klassik und ein Stück weit auch Improvisation in seine Minimal-Music-Stücke. Später arbeitete er mit dem nicht weniger Grenzen einreißenden Cellisten Arthur Russell im Avant-Disco-Projekt Dinosaur L. zusammen.
Eastmans Auftritte kommen heute einem Erinnerungsschreiben gleich, das viele junge Musiker*innen inspiriert, ihre Kunst über Zeit, Ort und Ressentiments hinwegzudenken. Mit Jorik Bergman fand er eine so respektvolle wie enthusiastische Interpretin. Die Orchesterchefin fand in der Musik Eastmans auch ein Spielfeld, auf dem sie das Publikum überraschen konnte, erzählt sie im Interview.
In der zweiten Stunde stelle ich neue Musik vom Sun Ra Arkestra, Sault, Stargaze, Billy Woods, Mabe Fratti, King Gizzard And The Lizard Wizard, David Fenech & Pierre Bastien und anderen vor. Viel Spaß
* Das Foto zeigt das Julius Eastman Ensemble beim Auftritt während des Kölner Weekend-Fests 2021.