674.fm aktuelle Sendung:
Neues Album von Sasebo „Ça C’est Bon!“
Die Münchner Band Sasebo bringt Anfang 2025 ihr neues Album auf Rheinschallplatten/Köln heraus.
Wieder mischen sie Blues mit japanischem Folk und bayerischem Grant. Diesmal noch radikaler.
„Am Anfang war die Münchner Band Sasebo nicht mehr als ein Gerücht. Bayrisch-japanischer Anarcho-Blues, der Ry Cooder, Tom Waits und Captain Beefheart verarbeitet“ (SZ).
„Im Vordergrund agieren mit Toshio Kusaba und Carl Tokujiro Mirwald zwei irrlichternde Sänger, die auf Japanisch reden und brabbeln, singen und johlen. Untergründiges Brodeln von Ivica Vukelics Rhythmusgitarre, aus Yutaka Minegishis Leadgitarre züngeln vereinzelte Flammen. David Bielander flötet lieber eine hübsche Fanfare. Statt auf Keyboard-Gimmicks setzt Tinka Kuhlmann auf dezente Akkordeoneinwürfe, während Andreas Kolls Tuba und Dirk Eisels Schlagzeug verlässlich die Fahrrinne auschecken.“ (taz).
Jetzt hat der geniale Klang-Jongleur Zoro Babel mit seinen Metall- und Stein-Schlagwerken das Ensemble verstärkt.
Im neuen Album „Ça C’est Bon!“ ist der Sound der alternden Anarcho-Musiker gereift, ohne brav geworden zu sein. Auf dem Cover sieht man eine Adaption des Schweizer-Jugendstil-Malers Ferdinand Hodler „die Lebensmüden“.
In den Songs geht es in der Tat um die Lebensmüdigkeit, aber ohne Larmoyanz, die Musik trägt die leicht zerstörerische Poesie (oder besser: manga-mäßige Melancholie), auch wenn man die japanischen Texte nicht versteht.
Wie z.B. im Song Nabe (auf Deutsch „Eintopf“)
Blätter fallen tanzend, die Nase läuft
Meine Seele bricht fast, es ist Eintopf-Saison
Oder in Gokiburi („Kakerlaken“)
Auch wenn die Menschheit ausrottet
Werden wir uns vermehren
Oder wenn Frontman Toshio Kusaba lamentierend in Ikigai („Das wofür es sich zu leben lohnt“) singt
Mittlerweile bin ich über 60 und so weit weg von der Heimat,
malend, masturbierend, ohne Scham, zeugte auch Kinder
bzw. im Yore Yore Jodel (“Jodeln im Seniorenheim“)
Zerknittert und vertrocknet
Verbringe ich mein Restleben im Altersheim
Oder im Zirkus
Ihr Schaulustigen, lacht über den armen, alten Clown
Wenn es mal billigen Reiswein gibt, kommt nur Frust und Leid aus dem Mund
Wir ziehen von Stadt zur Stadt, heute ist heute, morgen wissen wir nicht wohin
Oder wenn der Co-Frontman Carl Tokujiro Mirwald in Baby krakelt
Baby, wo hat du dich versteckt, ich werde dich überall suchen und finden, die Tatami-Matten umdrehen und die Graswurzeln ummähen, ich werde dich zerdrücken wie eine Laus und dich erwürgen
Einer der Höhepunkte des Albums ist der Song Hikikomori (aus Wikipedia: Hikikomori werden in Japan Menschen bezeichnet, die sich in der Regel freiwillig in ihrer Wohnung oder ihrem Zimmer einschließen und den Kontakt zur Gesellschaft auf ein Minimum reduzieren):
Die Sorgen meiner Eltern waren nur lästig, die Seele ist verbogen,
und ich liege faul im Bett
Hinter der Tür weint meine Mutter allein, wir kann ich sie um Verzeihung bitten, allabendlich bringt sie mir Instantnudeln
Sasebo ist Anfang 2025 auf einer Mini-Release-Tour unterwegs.
Hierzu noch einmal aus der taz:
„Am Ende des überbordenden Auftritts der acht MusikerInnen war ich jedenfalls aus dem Häuschen – nicht nur wegen der vollen Dosis Anarcho-Blues, sondern auch dank einer Breitseite Japan in Wort und Bild und einer großen, verrätselten Bühnenpracht.“
Es sind jetzt sogar neun MusikerInnen.