Di. 30.7. | 18:00 – 22:00 Uhr
Michael Kerkmann – A Little Knowledge | 18:00 – 20:00 Uhr
Robin Arroyo-Schneider – Back to the Future | 20:00 – 22:00 Uhr
There the words are hard and fast we talk of nothing new but the past …
Nach frühen Northern-Soul-Parties (Köln, Südstadt), als Tänzer noch Slipper trugen, bespielte Michael Kerkmann vor allem die progressiv-nostalgischen Technofloors und -bars der Republik von Panoramabar bis Pudelclub – zu Warm-Up-Clubsounds und tieferen Griffen in die Popgeschichte („Neues Forum“, „K&K“, „Evening Star“, „Bias“, „Parage“). Bei 674 FM präsentiert er vor allem elektronische Werke aus den 90ern, als digital produzierte Musik der handgemachten den Rang abzulaufen drohte, sowie vieles mehr, was sich locker daran anschließt: Popsongs aus den Achtzigern, Symphonien direkt von der Straße oder modernes Klangwerk, das sich nach und nach in den unbestimmbaren Weiten des Atmosphärischen verflüchtigt.
Back to the future, back to fast foreward ….
Warum konnte man im Juli Weihnachten feiern und damit HipHop unter den Baum legen? Wie der Köln/Bonner Flughafen Raum für die Chill-Out-Zonen aller Welt schuf. Kann ein Stromausfall genug Energie für Electro schaffen? Wer ist Electrifying Mojo, dessen Wellen durch die Nächte branden? Was ist die Third Wave? Reicht es No-Future zu sagen, damit Zukunft entsteht? Träumen elektrische Schafe von Androiden in der Techno City? Konnte das Pantomime Duo Shields und Yarnell aus San Francisco den Smurf? Passt das Paradies in eine Garage, wenn es House sein will? Diese und ähnliche Fragen treiben heute Robin Arroyo-Schneider an und durch den Abend auf dem Ocean of Sound. 1978 bis 1982 als Mixtape.
Back to the Future – The Mixtape
Am 1. Juli 2019 feierte der erste Walkman, der Sony TPS – L2, seinen 40. Geburtstag. Diesem bequem portablen Kassetten-Abspielgerät vertraute man Mixtapes an, die selbst oder von einem nahestehenden Menschen zusammengestellt waren. Der Walkman hatte aber auch einen großen, sehr lauten Bruder. Nicht nur bei Godzilla galt und gilt: »size matters«. Deshalb griff man sich den Ghettoblaster, liebevoll Boombox genannt, wenn man es etwas größer und fetter wollte. So ließen sich spontan Block Parties feiern. Strom kam nicht selten von der Straßenbeleuchtung.
Bei 674FM wollen wir heute vier Stunden lang eine Party feiern, die sich im 2ten Teil schwerpunktmäßig mit der Zeit 1978 bis 1982 beschäftigt. Diese vier Jahre sind magisch. Nie zuvor und nie mehr danach hat es eine solche Fülle an verschiedenen und klar von einander unterscheidbaren neuen Musikstilen gegeben: Ambient, House, Electro, No Wave, Punk, Techno, HipHop und Wave.
Man muss nicht „Stranger Things“ schauen, um an den Underground zu glauben. Während die young urban professionals, kurz yuppies genannt, sich daran machten die breiten Schultern der Gemeinschaft durch Schulterpolster zu ersetzen, sparte sich der Underground die Miete und besetzte leerstehenden Wohnraum. Das Geld verwendete man lieber für die Produktion von Musik, Kunst, Film, Literatur, Fanzines, Fotografie oder für politische Aktionen.
Jeder Musikstil brachte nicht nur eine neue Ästhetik, er generierte eigene Szenen, eigene Moden, eine ganz eigene Art von Leben und Vorstellungen. Zusammenfassend könnte man sagen, jeder dieser Stile formulierte ein eigenes Versprechen auf eine Zukunft.
Dieses Versprechen traf auf neue Technologie, die es auf einmal möglich machte, die Industrie zu meiden. Man brauchte keinen großen Deal mehr, der einem den Zugang zur Technik ermöglichte und einen zwang die damit einhergehenden Beschränkungen der Kreativität zu akzeptieren. Computer ersetzten das Aufnahmestudio, Samples machten Musiker überflüssig. Man bastelte erstmals Zuhause die Hits von Morgen. Der Song mit klassischer Struktur wurde vom Track abgelöst. Ein Baukasten von Teilen wurde für die nächste Party, den nächsten Ritt durch die Nacht, den nächsten Hit benutzt.
Bei aller Differenz gibt es doch Gemeinsamkeiten zwischen den Stilen: Ihre Protagonisten folgten radikal einer Unabhängigkeit, ihrem persönlichen Geschmack und warteten nicht auf einen Auftrag, sondern dem Do-It-Yourself Gedanken. Nie wieder zuvor und nie wieder danach gab es so viele Zukunftsversprechen wie in diesen vier Jahren.
(Texte »Back to the Future« von R. Arroyo-Schneider)