Fr. 3.8. | 19:00 – 21:00 Uhr
Killing Time w/ DJ Edgar plus special guest Robin Arroyo-Schneider
AHOI!
The weekend starts here! In der Studio-Marina am Aachener Weiher. Skipper DJ Edgar freut sich einen besonderen Gast in seine August-Ausgabe der Killing Time gelotst zu haben – Robin Arroyo-Schneider präsentiert:
YACHT ROCK-Spezial – Die Welt ist oben ohne
Als die Schallwellen dieses soften Sounds der Westcoast der USA erstmals aus den Boxen brandete, da dachte niemand an den Begriff Yacht Rock. Aber sein Klang sprudelte ohrschmeichelnd von den frühen 70er bis in die frühen 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Wer nun glaubt, die Quelle sei versiegt, der täuscht sich. Die Yacht liegt nicht in der Werft, sondern segelbereit in der Marina oder sie kreuzt über das Meer.
Der Musik-Journalist Barney Hoskyns hat in seinem Buch „Hotel California“ den Sonnenauf- und untergang des Westcoast-Sounds beschrieben. In der Zeit als die damals neue Anti-Baby-Pille dafür sorgte, dass aus den Blumenkindern keine Blumeneltern wurden, war der Sommer der Liebe ein Experimentierfeld auf dem vieles gedeihen konnte. Sollte es mal kalt werden entfachte man ein Feuer mit BH’s. In dieser Zeit etablierte sich eine Szene des Anti-Establishments in der Nähe von Los Angeles, im Laurel Canyon. Ein Flirt mit den Songwriting-Qualitäten des Country Genres ging im Drogennebel psychedelisch auf, es entwickelte sich ein neuer Typus Musiker, der Singer- und Songwriter, der subjektive Geschichten in seiner Musik erzählte. Im Laurel Canyon lebten spätere Stars wie James Taylor, Jackson Brown, Joni Mitchell, Crosby, Stills, Nash & Young, die Eagles und viele mehr. Hier entstand in der Schlucht der Santa Monica Mountains, in direkter Nähe zum Pazifik, das, was als Westcoastsound ein wiedererkennbares Branding hatte. Softer Pop, Jazzanleihen, viel Soul und Funk, etwas Disco waren dann die Zutaten, die die Klangspeise abschmeckten, die heute als Yacht Rock bezeichnet wird. Die Aufnahmen zeichnen sich durch extrem aufwendige Produktionen aus. Die letzte Dekade, die soviel Geld in die Herstellung von Musik steckte, ein Heer von fantastischen Studiomusikern beschäftigte. Auskunft über diese Zeit und Szene gibt das sehr informative und unterhaltsame Buch „The Yacht Rock Book“ von Greg Prato, der alle Protagonisten interviewt hat und daraus eine Geschichte des Genre montierte.
Im Jahr 2000 fügten J.D. Ryznar und einige seiner Freunde dem Vokabular der Musikgeschichte den Terminus Yacht Rock bei. Sie drehten selbstfinanzierte Clips (inzwischen 12 Stück: https://www.youtube.com/watch?v=jMTI8vg7A5U) unter dem Seriennamen Yacht Rock. Jede Folge erzählt eine kurze Geschichte rund um einen Star dieser Musik. Musiker wie Jimmy Buffett, Michael McDonald oder Kenny Loggins etc. werden von Ryznar und seinen Freunden verkörpert. Die Mischung aus viel Humor, Respektlosigkeit, aber auch unbestreitbarer Liebe, machten diese Clips sehr erfolgreich.Sie dürften auch DJ Supermarkt in Berlin inspiriert haben, der seit einigen Jahren mit seiner CD-Serie „Too Slow To Disco“ das Genre wieder partytauglich gemacht und auf Dancefloors gespielt hat.
Yacht Rock ist zwar Oben-ohne-Musik – Sommer, Strand, Cabrio ohne Verdeck, Serpentinenstraßen, Party an Deck, Flanieren am Pier usw., aber trotz des Hedonismus und des ausgestellten Luxus, liegt auch Dunkelheit in diesen perlenden Sommernächten. Da gibt es mehr als nur einen leichten Ennui. Im Laurel Canyon wohnte auch der legendäre Pornodarsteller John Holmes, der in die Wonderland Morde verwickelt war, die Partys zogen eben auch Leute an, die mit Liebe, Freiheit und Gleichheit nicht viel am Strohhut hatten. Die Strandpenner, die Psychos, Diebe, Dealer, Piraten und Drogengangster kreuzten auf. Charles Manson und die Family, die mit Strandbuggies unterwegs waren, Anton Szandor LaVey und die Church of Satan sammelten die von zu viel Sonne und Liebe psychisch welk gewordenen Blumenkinder ein. So gibt es auch Geschichten über eine Rockergang, die nachts die Strände unsicher machten, gekleidet in Mönchskutten feierten sie Ritualmorde. Doch der Sound des Yacht Rock, den wir heute hier bei der Killing Time feiern wollen, liegt in einem besonderen Sonnenlicht. Es ist Sommer, der Weißwein gekühlt, eine leichte Brise geht, wir müssen uns keine Sorgen machen. Sonnenbrille auf!
Wie sehr die Qualitäten dieser Musik noch verführen, zeigen aktuelle Künstler, die sich mehr als nur haben inspirieren lassen: Brent Cash, Dent May, Chaz Bundick Meets The Mattson 2, Tennis, The Lemon Twigs, Matthew E. White, Foxygen, Ariel Pink, Thundercat.
Wie William Faulkner sagt: «Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen». Viel Spaß bei zwei Stunden Oben-ohne-Musik, Yacht Rock, Sommer bei der Killing Time – Gäste im Studio willkommen.
(Text von R. Arroyo-Schneider)